Unterricht erfolgreich gestalten

Anlässlich der 6. Baltischen Tafelrunde, die das Forum Baltikum im April 2013 im Hause der Dittchen Bühne in Elmshorn veranstaltete, hielt Herr Dr. Per Tryding als Repräsentant der Baltischen Handelskammer einen Vortrag zum Thema „Alles Wissen stammt aus der Bildungspolitik“. Der Vortragende – ein freundlicher und kompetenter Schwede – stellte sich zur allgemeinen Aufmunterung mit der Bemerkung vor: „Mein Deutsch ist irgendwo zwischen Goethe und Trapatoni angesiedelt“.

Was er dann allerdings zu Bildung und Ausbildung – insbesondere im Hinblick auf Erfolgsfaktoren im praktischen Schulunterricht – ausführte, war höchst aufschlussreich.

Als ABACUS Nachhilfelehrer im Bereich der MINT-Fächer verfolge ich die derzeit vehement geführte Diskussion „Frontalunterricht“ versus „Kompetenzorientierter, individualisierter Unterricht“ sehr intensiv. Um den Rahmen dieses Beitrages nicht zu sprengen, will ich aus der Vielzahl der Fakten, Zahlen und Argumente dieses Vortrages im Wesentlichen nur die heraus greifen, die diese Diskussion betreffen.

In einem kurzen historischen Rückblick wies Herr Dr. Tryding darauf hin, dass Deutschland im Bereich der Wissenschaften für viele baltische Länder im 18. und 19. Jahrhundert eine Vorbildfunktion (W. und A. Humboldt) innehatte. Das 21. Jahrhundert, so der Vortragende, sei vor allem geprägt durch:

  • einen dramatischen Zuwachs an Forschung
  • einen heftigen Wettbewerb der Universitäten untereinander weltweit (Center of Exellence)

und durch eine dritte Aktivität, die im unmittelbaren Zusammenhang zu unserem Thema steht:

  • Fokussierung auf die Qualität der Schulausbildung und deren quantitative Bewertung im internationalen Vergleich weltweit (PISA, TIMSS).

Vergleicht man die Anzahl der Forschungsergebnisse im Bereich der Naturwissenschaften, der Technik und der Medizin auf internationaler Ebene (40 Nationen), so zeigt sich eine bemerkenswerte geografische Verlagerung:

In den Jahren 1988-1990 dominierten neben USA / CANADA und Japan vor allem die europäischen Länder. Etwa 20 Jahre später – zwischen 2008 und 2010 – hat sich die Forschungslandschaft insgesamt signifikant verändert: Während sich der Beitrag der zuvor dominierenden Nationen kaum verändert hat, haben asiatische Länder – allen voran China – aber auch Indien, Taiwan und Südamerika mit Brasilien um Größenordnungen zugelegt.

Besondere Aufmerksamkeit – nicht nur bei mir – galt dann den Ausführungen zum dritten Kopfstrich: Qualität der Schulausbildung im internationalen Vergleich. Einleitend wurden die, von der Tendenz her bekannten, Ergebnisse der PISA-Studie über den Zeitraum 2000-2009 zusammengefasst.

Zur Auflockerung wird das Volumen einer Pizza mit dem Radius z und der Dicke a abgefragt. Für ABACUS Nachhilfeschüler kein wirkliches Problem. Das Volumen ist natürlich: V = Π * z² * a. Im Bereich der Mathematik nimmt in Europa Deutschland keinen Spitzenplatz mehr ein. Diesen hält – und zwar unangefochten im gesamten Berichtszeitraum – bekanntlich Finnland deutlich vor anderen europäischen Nationen.

Erweitert man den Wissensbereich auf Naturwissenschaften allgemein, so bleibt das Bild praktisch unverändert. Und dann kommt der Vortragende zu „des Pudels Kern“, indem er die Frage stellt, wie denn nach Expertenmeinung derart gute Ergebnisse im Sinne der Pisa-Studie erzielt werden. Die Antworten werden aus einer internationalen Studie zum Thema: „Was wirkt?“ von Hattie gegeben. Dabei werden die Ergebnisse der Studie in Wirkfaktoren „Hilft richtig“ – diese Schublade hat bezeichnender Weise das Etikett „Lehren / Teaching“, und „Hilft ein wenig oder gar nicht“, wobei diese Schublade die Aufschrift „Arbeitsbedingungen / Working Conditions“ trägt, sortiert.

Wenn ich nur die wichtigsten Ergebnisse heraus greife, ergibt sich das folgende Bild. In der zweiten Schublade finden wir unter anderem:

  • Aufteilung der Klassen in Gruppen, insbesondere in kompetenzorientierte Gruppen
  • Verkleinerung der Klassengröße
  • Mehr finanzielle Mittel

Als wirkungsvolle Maßnahmen zur Verbesserung des Schulunterrichtes finden wir in der ersten Schublade:

  • Qualität des Lehrens
  • Dialog zwischen Lehrern und Schülern und allgemein die Umgangsweise zwischen Schülern und Lehrern miteinander
  • Bereitstellung von Rückmeldungen an den Schüler / „Providing Feedback“

und – man höre und staune –

Soweit ich diese Ergebnisse richtig verstanden habe, gibt die Hattie-Studie klare Antworten auf die Frage „Frontalunterricht – ja oder nein?“
In der bei derartigen Veranstaltungen üblichen Abschlussdiskussion fragte ein aufmerksamer Zuhörer, warum denn Länder wie Finnland so deutlich bessere Ergebnisse, insbesondere im MINT-Bereich, im Vergleich zu anderen Regionen, wie zum Beispiel Deutschland, erzielen. Mit dem zuvor bereits praktizierten Charme antwortete der Vortragende recht pointiert: „Weil sie das tun, was richtig hilft!“

So einfach ist das. Detailliertere Informationen über die Wirkfaktoren im schulischen Unterricht können Sie unserem Blog-Artikel hierzu entnehmen

(Quelle: Alles Wissen stammt aus der Bildungspolitik, Vortrag von Dr. Per Tryding, Elmshorn am 10.04.2013)

Veröffentlicht von

Hensel

Prof. Dr. Wilfried Hensel, TU Berlin. 30 Jahre naturwissenschaftliche Lehrerfahrung

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