Heute wurden in Berlin die Ergebnisse der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen StEG 2005-2010 vorgestellt.
Die Langzeitstudie wird von einem wissenschaftlichen Konsortium aus DIPF, der TU Dortmund, IFS, DJI e.V. und der JLU Gießen durchgeführt und vom Bundesbildungsministerium mit € 8,4 Mio. gefördert.
„StEG zeigt, dass Ganztagsschulen sich positiv auf das Sozialverhalten und das Familienklima auswirken. Auch die Schulnoten verbessern sich bei entsprechender pädagogischer Qualität“, so Prof. Eckhard Klieme vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF).
Der Nachhilfe News Blog hat sich die Studie auch angeschaut und zitiert – gekürzt, aber nicht sinnverfälschend (!) – einige Aussagen direkt aus der Studie:
Die Teilnehmerquote der Schüler an Ganztagsangeboten sinkt ab der Grundschule von ca. 70% auf ca. 27% bis Klasse 9. Individuelle Wirkungen der Ganztagsschule lassen sich zwar belegen – die Effektstärke jedoch hält sich, wie aufgrund der geringen Teilnahmeintensität zu erwarten, in Grenzen.
Längere Schulöffnungszeiten alleine reichen – zumindest im Rahmen der derzeitigen, sehr breit gefächerten Alltagspraxis – meist nicht aus, um spezifische Förderung zu leisten. Der Wahrnehmen der Nachmittagsangebote der Ganztagsschule ist abhängig von der angebotenen Qualität. Wobei Qualität beispielsweise dadurch charakterisiert ist, dass ein Angebot das Interesse der Schülerinnen und Schüler weckt…
Für die Entwicklung von Lernmotivation und Schulfreude lassen sich Effekte einer bloßen Teilnahme am Ganztag, wie sie sich nach den ersten beiden StEG-Erhebungen noch gezeigt hatten, langfristig nicht mehr belegen. Die Intensität des Besuchs spielt über die drei Erhebungswellen hinweg ebenfalls keine Rolle mehr.
Hatten sich in den Daten aus den ersten beiden Erhebungswellen noch leicht positive Effekte der Ganztagsteilnahme auf die Entwicklung der Noten in Deutsch und Mathematik gezeigt, so wirkt sich die bloße Teilnahme langfristig nicht mehr aus. Der ursprünglich festgestellte Vorteil der Ganztagsschülerinnen und -schüler gegenüber den nicht teilnehmenden Jugendlichen ist also nicht nachhaltig.
Auch für Jugendliche aus niedrigeren sozialen Schichten oder mit Migrationshintergrund lässt sich über vier Jahre hinweg kein Effekt der reinen Ganztagsschulteilnahme auf ihre Schulleistungen nachweisen – es liegt in dieser Hinsicht also kein kompensatorischer Effekt für bildungsbenachteiligte Schülergruppen vor.
Ansonsten ergeben sich, wie schon in Bezug auf die Teilnahme an Ganztagsangeboten im Allgemeinen, auch für die reine Teilnahme an Hausaufgabenbetreuung und Lernzeit keine signifikanten (= statistisch relevanten) Effekte. Ab der 7. Klasse sinkt ferner die Teilnahme an den angebotenen Hausaufgabenbetreuungen und Lernzeiten an der Ganztagsschule erheblich: 5. Klasse 38 %, 7. Klasse ca. 27% und in der 9. Klasse lediglich 18%.
Aus sozialpolitischer Perspektive ist die Forderung nach der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein zentraler Grund für den Ausbau der Ganztagsschulen. Noch häufiger als die Berufstätigkeit wurde die verlässliche Betreuung des Kindes als Grund für die Anmeldung genannt: Sie spielt, speziell in der Primarstufe, auch für die nicht erwerbstätigen Eltern eine wichtige Rolle.
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Auf Grund dieser Zitate aus der Studie sieht der Nachhilfe News Blog die Beurteilung und den geschilderten Erfolg der Ganztagsschule differenzierter, auch weil viele, in der Studie als positive Auswirkungen herausgearbeiteten Aspekte nach Meinung des Verfassers keine generellen Alleinstellungsmerkmale einer Ganztagsschule sind und der Ausbau der Ganztagsschulen wohl, wie auch in der Studie angemerkt, sozialpolitische (und nicht nur rein pädagogisch / lerntechnisch bedingte) Ursachen hat.
„Positive Beurteilungen ergeben sich auch für Schulen, an denen die Lehrerinnen und Lehrer die berufliche Belastung als vergleichsweise gering empfinden. Je besser eine Schülerin oder ein Schüler die eigene Beziehung zu Lehrkräften und weiterem pädagogisch tätigen Personal bei der ersten Erhebung 2005 bewertete, desto positiver entwickelte sich bis zur dritten Erhebung 2009 die Einschätzung der (Ganztags-) Angebotsqualität“.
Klar, Schüler reagieren auf Vermittlungspersonen: Kann der Pädagoge / Betreuer eine positive Beziehung zur Fachvermittlung und zum Schüler aufbauen, besuche ich als Schüler eher auch die von diesem Pädagogen angebotene Nachmittagsveranstaltung. Je länger eine Schülergruppe über den Tag zusammen ist, desto eher lassen sich Gruppenkohäsionen herstellen und Konflikte zwischen den Schülern abbauen…
Fazit des Nachhilfe News Blogs:
Für Ganztagsschulen gibt es einen gesellschaftlichen Bedarf, ein entsprechendes Schulangebot der Schulträger muss es geben.
Die Erwartungen von Schülern und Eltern erfüllen die Ganztagsschulen jedoch (noch) nicht in dem gewünschten und erwartetem Maß: Die Nachmittagsangebote müssten vielfältiger, interessanter und unterrichtsergänzender werden. Die reine „Bespaßung“ tut es nicht. Die Förderung von Schülern aus bildungsfernen Schichten im Rahmen der Ganztagsschule erfordert noch mehr Aufmerksamkeit, Eltern sollten stärker gestalterisch in die Nachmittagsangebote der Schulen eingebunden werden.
Positive Ansätze der Gesamtschule, die die Studie durchaus belegt, sollten nach Schülergruppen differenziert und verstärkt werden. Jetzt schon von „Erfolg der Ganztagschule“ zu sprechen, ist verfrüht.
Der direkte Link zur StEG-Studie.
7 Gedanken zu „Die StEG Ergebnisse: Erfolg der Ganztagsschule?“