Schüler in Hamburg und dem Kreis Pinneberg haben häufig Probleme im Schulfach Mathematik. Rechenschwäche oder fachlich korrekt „Dyskalkulie“ ist also ein großes schulisches Problem und das nicht nur in Hamburg.
Das Bundesland Schleswig-Holstein hat dies erkannt und das KuMi reagiert mit einem „Erlass zur Rechenschwäche„, welcher Lehrer, Eltern und Schüler für dieses Thema sensibilisieren soll.
Einer der Forderungen ist die Fortbildung des Unterrichtspersonals an Primarstufenschulen und der Orientierungsstufe (Klassenstufen 5 und 6):
„Der Erlass sieht zudem vor, dass sich an jeder Grundschule und an jedem Förderzentrum mindestens eine Lehrkraft vertieft für den Bereich Rechenschwäche fortbildet. In Einzelfällen dürfen Grundschulen nach einer entsprechenden Klassenkonferenz-Entscheidung innerhalb des Schuljahres bei Klassenarbeiten auch von den allgemeinen Maßstäben der Leistungsbewertung abweichen. Um den Lernfortschritt zu sichern, ermöglicht der Erlass den Lehrkräften auch in den Klassenstufen 5 und 6, betroffenen Schülerinnen und Schülern mit besonderen pädagogischen Maßnahmen zu helfen. Das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen (IQSH) unterstützt die Lehrerinnen und Lehrer beratend und führt ein Weiterbildungsprogramm zum Thema Rechenschwäche ein, in dem es um Diagnosekompetenz und die Erarbeitung von Förderkonzepten geht.“
Laut Pressemitteilung „…ergebe die Ursachenforschung der Wissenschaft noch kein einheitliches Bild, die Experten seien sich aber darin einig, dass Förderung im vorschulischen Bereich sowie fundierter Mathematikunterricht in der Grundschule Probleme gar nicht erst entstehen ließen…“
So weit, so gut. Eine Dyskalkulie kann natürlich auch durchaus pathologische Ursachen haben oder Auswirkung einer Konzentrationsschwäche sein. Dieses dann festzustellen, sollte dem Neurologen oder anderen Spezialisten vorbehalten sein.
Aber vielleicht können wir als Mathematik-Nachhilfe-Helfer einige Punkte nennen, die zumindest unserer Meinung nach zur Verstärkung einer Rechenschwäche beitragen können:
1. Soziologische Ebene:
Mathematik ist – ebenso wie Latein – eines der Schulfächer, in denen sich heutzutage die geringste Lebens- und Alltagskorrelation ergibt: Mathematische Basis-Fähigkeiten werden schlicht nicht mehr von Schülern im Alltagsleben gebraucht und benutzt.
2. Neurologisch / Cognitive Ebene:
Der Mensch denkt stets in Bildern. Mathematik ist – platt ausgedrückt – die abstrakte Darstellung von (Mengen-)Verhältnissen. Schreibt ein Mathe-Lehrer also „y=mx+b“ an die Tafel, so sollte vor dem geistigen Auge des Schülers eine Abzisse und Ordinate mit einem Graphen (vorzugsweise im ersten Quadranten) entstehen, welcher von links unten nach rechts oben verläuft. Kommt genau dieses Bild nicht fängt der Schüler an, Mathe nur auswendig zu lernen, ohne den Sachzusammenhang verstanden zu haben…
3. Methodisch / Didaktische Ebene:
Schulen sind gehalten, im Rahmen der KMK-Bildungsstandards „Kompetenzorientiert“ zu arbeiten. Mathematisches Grundwissen wird an Schulen daher nicht immer ausreichend konditioniert, sondern Themenkreis bezogen „vorgestellt“: Im Rahmen der sogenannten „Lernfeldorientierten Kompetenzvermittlung“ soll der Schulstoff ja möglichst „kompetenzorientiert“ vermittelt werden. Hierzu wurden von der BSB Hamburg im Rahmenplan Mathematik „Kompetenzraster“ entwickelt, die ein individuelles Lernen des Schülers sicherstellen sollen: Im Idealfall ist der Mathe Lehrer eine Art „Supervisor“, der einzelne Mathe-Lernbereiche vorstellt und jeder Schüler soll sich das Wissen hierzu im jeweils individuellen Lerntempo selber erschließen ;-).
Mathe-Fachlehrer an Schulen erklären gelegentlich abstrakt und wenig bildhaft, da der Praxisbezug aus zum Beispiel einer technischen Ausbildung schlicht fehlt: „Die Summe der Kathetenquadrate ist gleich dem Hypothenusenquadrat“ erschließt einem 13-Jährigen Schüler in Hamburg bestimmt nicht die großartige, ja geradezu weltbestimmende Erkenntnis des Pythagoras und dessen vielfältige Anwendung im täglichen Leben…
4. Lern- und Wissensebene:
Mathematik verzeiht keine Lücken, die Mathematik-Schul- / Bildungspläne sind klar aufeinander aufgebaut, Mathematik ist ein Treppenfach; Lücken und Wissensdefizite aus den vergangenen Klassenstufen lassen sich irgendwann nicht mehr kaschieren und müssen vom Schüler geschlossen werden. Mathematik ist exakt, eine „sinnentnehmende Übersetzung“ wie in einer Fremdsprache, die Vokabellücken zulässt, klappt bei Mathe schlicht nicht. Wer keine Rechenregeln kennt, kann auch keine Klammerregeln. Wer die nicht beherrscht, versteht keine Binome und kann später auch keine Therme rechnen…
Häufig hilft dann bei Schülern unsere professionelle und individuell abgestimmte Mathe-Nachhilfe zu Hause 🙂
Rechenschwäche ist nicht nur ein Problem von Kindern aus Hamburg. Ich vermute, die wachsende Belastung durch die elektronischen Medien zeigt tiefgreifende Spuren. Wir beobachten das auch in Bayern.
Herzliche Grüße!
Jürgen Chitralla