In den letzten Jahren beschäftigt sich die Wissenschaft zunehmend empirischer mit dem Thema Nachhilfe: Während die meisten Veröffentlichungen zum Thema Nachhilfe, die in den letzten Jahren den Weg in die breite Öffentlichkeit fanden, fast ausschließlich den Fokus auf den finanziellen Aspekt der Nachhilfe legten (Bertelsmann-Studie Klemm & Klemm 2010: Ausgaben für Nachhilfe) und die (damit verbundene?) Chancenungleichheit im Bildungssystem anprangerten: „Der Kostenfaktor des Nachhilfeunterrichts beeinflusst die Chancengleichheit in unserem Bildungssystem, indem er wirtschaftlich nur bestimmten Gesellschaftsgruppen zugänglich ist“ (Margitta Rudolph 2002, S. 129), oder gar die im deutschen Sprachgebrauch negativ klingenden Anglizismen 1:1 zu übernehmen („Shadow Education System“ nach M. Bray 2009), so beschäftigt sich die wissenschaftliche Forschung an den Hochschulen durchaus mittlerweile mit den positiven Wirkweisen der Nachhilfe und beginnt, den Begriff der (kommerziellen) Nachhilfe gesellschaftlich differenzierter zu beleuchten und genauer zu definieren:
Jahrelang galt wohl die Definition von Rudolf Krüger aus dem Jahre 1977 in der wissenschaftlichen Literatur als maßgeblich:
Unter Nachhilfeunterricht (engl. tutoring) versteht man gemeinhin „außerhalb des regulären Schulunterrichts und zusätzlich zu ihm stattfindenden, mehr oder weniger
regelmäßigen und häufig vorübergehenden privaten Einzel- (oder Gruppen-) unterricht durch Lehrer, Studenten, Schüler und Laien zum Zwecke einer dem Schulunterricht nachfolgenden Erfolgssicherung in bestimmten Unterrichtsfächern“ (Krüger, R. (1977). Nachhilfe, Chance oder Skandal. 17 Antworten auf Fragen zu einem vernachlässigten Problem. Die Deutsche Schule, 69, 545-558.)
Margitta Rudolph definierte den Begriff Nachhilfe 2002 in ihrer empirischen Erhebung in NRW dann wie folgt:
„…eine den Schulunterricht ergänzende Form des Übens und Wiederholens, der Aufarbeitung von Wissenslücken und des Erlernens von Arbeitstechniken, die in allen Altersstufen und Schulformen vorzufinden ist und zum Zweck der Leistungsverbesserung von Schülern bei bestimmten Personengruppen oder außerschulische Institutionen – in Abgrenzung zu schulisch installierten Silentien oder Förderangeboten – nachgefragt und bezahlt wird. Sie kann von freien Trägern, kommerziellen Anbietern auf dem freien Markt wie auch von Privatpersonen angeboten werden. Sie fokussiert primär auf die Bearbeitung von Hausaufgaben und die Vorbereitung auf schulische Leistungstests.“ (Rudolph, M. S. 20. Nachhilfe-gekaufte Bildung? Klinkhardt Verlag 2002)
Diese Definition schließt eine Hausaufgabenbetreuung mit ein und eine solche ist bekanntlich keine Nachhilfe im eigentlichen Sinn. Selbst der eigene Verlag stellt fest:
„Die Autorin definiert Nachhilfe nicht nur als Zusatzunterricht und außerschulische Lernbegleitung, sondern in erster Linie als Hausaufgabenhilfe. Darum stellt sie zunächst die historische Entwicklung des Phänomens Hausaufgaben dar, bevor sie fünf Thesen formuliert, die ihre Studie leiten. Die erste These lautet: „Die derzeitige unzulängliche Hausaufgabenpraxis begünstigt die erhöhte Nachfrage an Nachhilfeunterricht erheblich“ (36). Die zweite These: „Weil sich Familie durch gesellschaftliche Zwänge in ihrer Binnenstruktur stark verändert hat (…) kann sie bisherige Kernaufgaben in der Betreuung der Kinder (zum Beispiel Hausaufgabenbearbeitung) nicht mehr leisten und nimmt deshalb vermehrt (…) außerfamiliale (Wohl besser: außerfamiliäre… der Verf.) Dienstleistungen in Anspruch, zum Beispiel Nachhilfeinstitute.“ (44)
Dieter Dohmen et. al. kommt im Jahre 2008 der Sachlage und den Gegebenheiten der Nachhilfedefinition schon näher, der Nachhilfe deskripiert als:
„…private Ergänzung beziehungsweise Unterstützung originär schulischer Aufgaben beziehungsweise Anforderungen, dass heisst insbesondere der Vermittlung fächerspezifischen Wissens, der Prüfungsvorbereitung und der Methoden zur Verbesserung der schulischen Leistung.“ (Dohmen et. al. Was wissen wir über Nachhilfe? Berlin 2008, S. 20)
Dohmen weist in seiner Arbeit für das BiMF darauf hin, dass „Nachhilfe“ und „Hausaufgabenhilfe“ Schnittmengen aufweisen: „Insgesamt weisen die Angebote „Nachhilfe“ und „Hausaufgabenhilfe“ Schnittstellen auf und sind kaum vollkommen exakt zu trennen.“ (S. 20, ebenda), welches unseres Erachtens nur bedingt stimmig sein kann: Eine Hausaufgabenbetreuung wird schon vom Gesetzgeber in Deutschland alleine steuerrechtlich völlig anders behandelt als eine Nachhilfe…
Der Autor definiert professionelle Nachhilfe generell wie folgt: Schließen von Wissenslücken und Vermittlung von Autodidatik. Nicht mehr, nicht weniger…
„Nachhilfe ist effektiv, denn sie verbessert die schulischen Leistungen“ stellte schon Thorsten Schneider (Mitglied des nationalen Bildungspanels) in seinem Beitrag „Nachhilfe als Strategie zur Verwirklichung von Bildungszielen“ in der Zeitschrift für Pädagogik Nr. 51, 2005/III auf S. 363 fest.
2006 nahmen dann die Autorinnen Stephanie Sasse und Manuela Woßler die Effektivität, die Rentabilität der Nachhilfe „unter die Lupe“ und kamen auf S. 42 ihrer empirischen Forschungsarbeit „Nachhilfeunterricht – eine rentable Investition?“ (GRIN Verlag, München 2006) zu der Erkenntnis: „Nachhilfeunterricht ist ein gutes Instrumentarium für Schüler, die zeitweise Hilfe für die Schule brauchen.“
Eine weitere wissenschaftliche Arbeit zur Nachhilfe entstand an der Friedrich Alexander Uni Erlangen-Nürnberg 2005 von Martin van Kessel unter dem Titel: „Optimierungsmöglichkeiten für Nachhilfeunterricht„, der auf S. 15 seiner Arbeit feststellt: „Unter den Begriff Nachhilfeunterricht fallen also keine innerschulischen Formen außerunterrichtlicher Unterstützung, wie insbesondere Stütz- und Förderkurse und die Einrichtung von Silenzien (Hausaufgabenbetreuung, d. Verf.), Schülertutorien oder Ähnliches“. (Der Autor ist übrigens verbeamteter Lehrer, Hauptschullehrer für Englisch…)
Nach dieser wissenschaftlichen Definition ist die zur Zeit an Hamburger Schulen angebotene „kostenlose Nachhilfe“ mit Bundesmitteln natürlich auch keine Nachhilfe sui generis, sondern ein zusätzlicher Stütz- und Förderunterricht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger ;-).
Nach den Definitionsfragen soll dem Begriff des „Nachhilfeerfolgs“ in der Nachhilfe Beachtung geschenkt werden, denn letztendlich geht es wohl in einem „Nachhilfeunterricht besonders um die Förderung des einzelnen Schülers„, wie Streber, Haag & Götz in der Forschungshypothese ihres Beitrages „Erfolgreiche Nachhilfe“ auf S. 347 treffend formulieren (Wir beziehen uns hier auf „Nachhilfe – empirische Befunde, Desiderata und Entwicklungen“ welches hier im Nachhilfe News Blog in zwei Artikeln schon vorgestellt wurde).
Doch wie wirkt Einzelnachhilfe?
Hier könnte die Arbeit von Jörg Wittwer „Warum wirkt Nachhilfe? Hinweise aus der Forschung zum Einzelunterricht“ (Veröffentlicht in der ZfP, 2008/3, S. 416-432) angeführt werden, der die Wirkweise der Nachhilfe unter besonderer Berücksichtigung der Einzelnachhilfe evaluiert hat: So stellt er die besondere Lernwirksamkeit von Einzelunterricht als Gesamtmethode dar (S. 419), definiert die (erfolgreichen) lerntheoretischen Perspektiven der Nachhilfe und kommt auf S. 428 zu der Schlussfolgerung:
„Im Einzel- und Nachhilfeunterricht haben Lernende im Vergleich zum traditionellen Schulunterricht besondere Möglichkeiten, aktiv zum Aufbau Ihres Wissens beizutragen. Diese Möglichkeit scheinen Schülerinnen und Schüler in der Tat wahrzunehmen.“
Subsummierend lässt sich demnach formulieren:
Besonders effektiv für den Schüler ist das 1:1 Verhältnis in einer professionellen Lehr- und Lernsituation. In der professionellen Einzelnachhilfe verfügt die ABACUS Nachhilfe Hamburg über 18 Jahre empirische Erfahrung, welche sich an der leistungsorientierten Arbeitsweise nach Determinanten der freien Marktwirtschaft ausrichtet und auch einer Überprüfung durch Dritte (siehe: Qualitätssicherung) standhält…
Hallo Herr Pöhlmann,
vielen Dank für diesen ausführlichen Artikel zum „Dauerthema“ Nachhilfe. Für viele Leser haben Sie auch den Unterschied zwischen Einzelnachhilfe und Hausaufgabenbetreuung sehr deutlich heraus gearbeitet. Leider wird ja auch in den Medien die Begrifflichkeit immer wieder vermischt, wenn es um die „Chancengleichheit“ geht.
Herzlichen Dank!