Nachhilfe im Visier der Wissenschaft

Das Zentrum für empirische pädagogische Forschung (Zepf) stellt die Nachhilfe in der aktuellen erziehungswissenschaftlichen Diskussion dar: Im gerade erschienenen Werk „Nachhilfe – empirische Befunde, Desiderata und Entwicklung“ von Haag/Jäger (Hrsg.) wird der Versuch unternommen, den wissenschaftlichen „Staus Quo“ der Nachhilfe, der sogenannten „shadow education“ empirisch darzustellen, die Variablen und Determinaten des außerschulischen Nachhilfeunterrichtes zu nennen und wissenschaftlich „unter die Lupe zu nehmen“.

Hierzu greifen die Autoren auf bestehendes Datenmaterial der Schultests KESS 4, KESS 7, IGLU, MARKUS, SALVE und Bildungsbarometer zurück und entwerfen ein Nachhilfe-Wirkmodell. Sponsor und Kooperationspartner des Bildungsbarometers sind unsere Kollegen von der Schülerhilfe, die der Beteiligungsgesellschaft Paragon Partners gehören.

Die Autoren descripieren Nachhilfeunterricht, stellen die verschiedenen Formen dar und setzen sich auch mit den Ursachen und Wirkpotenzialen von Nachhilfe, also einer Nachhaltigkeit von Nachhilfe, auseinander (S. 303), unter anderem wird:

„Nachhilfe nachhaltig, wenn der Schüler selbstständig lernt, wenn häufig und regelmäßig geübt wird“ und „…die Voraussetzungen für zum motivierten, selbstständigen und lebenslangem Lernen erworben werden.“ Das deckt sich mit unserer Definition der nachhaltigen Nachhilfe:

„Nachhilfe ist Schließen von Wissenslücken und Vermittlung von Autodidaktik“

Nachhilfe in Deutschland ist geringer verbreitet als angenommen: 9% Schüler in der Primarstufe und 23% in der Sekundarstufe nahmen nach alten Erhebungen Nachhilfe in Anspruch, wobei die Autoren im Vergleich zu neueren Datenerhebungen (unter anderem KESS 7) zu weit geringeren validen Werten kommen (S. 311). In der sogenannten Beobachtungsstufe der SEK I ist die Nachhilfeunterrichtsquote jedoch naturgemäß höher 32,4% (S. 325).

Interessant ist die Erkenntnis, dass im Vergleich der Schulformen Ganztagsschule und Halbtagsschule der Nachhilfe und Förderbedarf bei ganztagsbeschulten Schülern systematisch höher ist (sic!) (Seite 314), was kaum uberraschend ist, wenn man die Nachhilfequoten aus Frankreich – die traditionell NUR die Ganztagsbeschulung haben, kennt :-). Der „Ganztagsschulausbau erfüllt nicht die Hoffnung auf geringere Nachhilfequoten“ (S. 326).

Der Nachhilfebedarf ist bei Schülern auch mit parziellem Migrationshintergrund naturgemäß deutlich höher (S. 317) und Jungen nehmen mehr Nachhilfe in Anspruch als Mädchen (S. 318).
Nachhilfeunterricht wird in Deutschland mittlerweile zur gezielten Erreichung noch besserer Abschlussnoten im oberen Leistungsdrittel in Anspruch genommen (S. 324) und ist vermehrt bei Schülern von Haupt-, Real- und Gesamtschulen (Regional- und Gemeinschaftsschulen) verbreitet (S. 325).

Aber wann ist Nachhilfeunterricht auch erfolgreich?
Streber, Haag und Götz heben in ihrem wissenschaftlichen Beitrag hierzu insbesonders die sogenannte „Diagnostische Kompetenz“ hervor und messen diesem Aspekt eine „zentrale Bedeutung als Voraussetzung vor individualisierter Nachhilfe“ bei (S. 344).

Hier scheidet sich die Spreu vom Weizen, hier liegt häufig einer der wichtigsten Unterschiede zwischen professioneller, erfolgreicher Nachhilfe auf der einen Seite und unerfahrenen Trittbrettfahrern oder reinen Vermittlungsbörsen auf der anderen:
Die ABACUS Nachhilfe in Hamburg und Kreis Pinneberg führt schon seit 17 Jahren mit seinen Lernberatern vor Ort eine Eingangsanalyse vor Beginn der Nachhilfe durch, in welcher Lernstandserhebung, Lerntypbestimmung und Lerncharakterbild erhoben und mit Eltern und Schülern vor Beginn der Nachhilfe besprochen werden.

Den Herausgeben des Nachschlagewerkes zur Nachhilfe und zum Nachhilfeunterricht ist zu danken, da hier unserer Kenntnis nach erstmals ein aktuelles Abbild des wissenschaftlichen Standes der Nachhilfeforschung mit einschlägigen und umfänglichen, weiterführenden Literaturhinweisen in komprimierter Form vorliegt. Weiterführende Infos und Bezugsquelle für den an Nachhilfe Interessierten hier

Veröffentlicht von

Dr. Kai Pöhlmann

Dr. Kai Pöhlmann ist Inhaber der ABACUS Nachhilfe Institute Hamburg und Kreis Pinneberg und Gründer des ersten ABACUS-Nachhilfeinstitutes nördlich der Isar. Google+

4 Gedanken zu „Nachhilfe im Visier der Wissenschaft“

  1. Haben Sie vielleicht Zahlen zur aktuellen Nachhilfesituation in Frankreich? Das wäre nämlich im Vergleich sehr interessant. Ansonsten kann ich persönlich der Ganztagsschule auch nicht viel positives abgewinnen und kann Ihre Erfahrungen teilen!

  2. Hallo Herr Pöhlmann,
    vielen Dank für diesen sehr guten Artikel. Gut zu wissen, auf was es wirklich in der Nachhilfebetrachtung ankommt. Nachhilfe ist eben nicht gleich Nachhilfe. Diese Studie zeigt es deutlich. Hoffentlich lesen das auch Politiker, die dem „Wundermittel“ Ganztagsschule hinterher rennen

    Grüße!

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