In Teil I – Systemdenken als Ziel einer zukunftsorientierten Ausbildung – wurde dargestellt, wie wichtig Systemdenken ist.
Zukünftige Entwicklungen auf dem Gebiet der System- / Prozesstechnik sowie auch die zunehmende Vernetzung der Strukturen im gesellschaftlichen Bereich werden die Fähigkeit des Systemdenkens mehr und mehr voraussetzen. Wer in „Systemen denken kann“, ist also bereits heute im Vorteil und wird es zukünftig umso mehr sein.
Also ist es sinnvoll und erstrebenswert, derartige Fähigkeiten zu erwerben. Naturbegabungen mag es auch auf diesem Gebiet geben; im Regelfalle muss Systemdenken vermittelt, also gelehrt und erlernt werden. Die kennzeichnenden Eigenschaften eines Systems / Prozesses wurden bereits in Teil I – am Beispiel eines Kühlprozesses – genannt. Dort wurde auch der Versuch unternommen, den Begriff „Systemdenken“ zu erklären.
Es stellt sich die berechtigte Frage, wo und wie diese besondere Fähigkeit vermittelt und erlernt werden kann. Auf die Möglichkeiten, die Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen zu diesem Thema bieten, möchte ich hier nicht näher eingehen.
Soweit es in deren Kompetenzfeld fällt, werden dort Prozesse und Systeme in Lehre und Forschung behandelt. Beim Entwurf und der Analyse von Systemstrukturen und Systemorganisationen haben die Studierenden die Gelegenheit, Systemdenken zu erlernen und zu trainieren.
Dabei sollte eine Empfehlung ausgesprochen werden, die auf eigener Erfahrung als langjähriger Hochschullehrer resultiert:
Die Studierenden haben in den meisten Fachbereichen neben den Pflichtfächern die Möglichkeit der Wahl von Vertiefungsfächern. Hier lohnt es sich, Vorlesungen und Übungen mit systemorientierten Themen zu bevorzugen.
Die eigentlich spannende Frage zu diesem Thema ist: Wie steht es mit dem Lehren und Lernen von Systemfähigkeit und Systemdenken an unseren Schulen? Ist das Erlernen der Grundlagen hierzu ein erklärtes Ziel der Schulen, gibt es spezielle Lehrfächer, die dazu geeignet sind, hierfür den Grundstein zu legen?
Denn darum geht es ja bei der Schulausbildung: Fundamente des Wissens und der Kenntnisse anzulegen, auf denen weiter gebaut werden kann.
Im Lehrplan der allgemein bildenden Schulen, also der Gymnasien, Gesamtschulen und Realschulen, die hier wohl vorrangig betrachtet werden sollten, gibt es wohl keine Fächer mit Bezeichnungen, aus denen man dieses Lehr- und Lernziel direkt ablesen kann. Dennoch bin ich sicher, dass es zu den Ausbildungszielen dieser Schulen gehört und gehören muss, dass der erfolgreiche Schulabschluss die Basisfähigkeit zum Systemdenken – wie beschrieben – beinhalten sollte.
Und in der Tat gibt es viele Aufgabenstellungen im üblichen Lehr- und Aktionsplan dieser Schulen, die zu diesem Zwecke bestens geeignet sind.
Ein Beispiel:
Auf allen Schulen stehen Projekte hoch im Kurs. Derartige Projekte beinhalten häufig viele Teilprojekte, die in ihren Auswirkungen von einander abhängig sind und die – nur im Zusammenspiel – zum Projekterfolg insgesamt führen. Ein solches Projekt hat alle Merkmale eines Systems / Prozesses. Die Teilprojekte müssen in ihren Abhängigkeiten – vor allem nach Inhalten, Kosten und Terminen – unter einander und im Ganzen in einem Projektstrukturplan dargestellt werden. Projektleiter und Teilprojektverantwortliche müssen nach dieser Struktur eng zusammenarbeiten. Bei verständnisvoller und fachkundiger Leitung durch die Lehrer kann den Ausführenden im Projekt „Systemverständnis / Systemdenken“ im Grundsatz klar gemacht werden.
Ein Vorschlag:
Regelungstechnik ist hervorragend geeignet, das Wesen von Systemen zu demonstrieren. Man könnte im Physikunterricht einen so genannten „Einfach-Geschlossenen-Regelkreis“ untersuchen – eine einfache Temperaturregelung oder eine Geschwindigkeitsregelung. An diesem Beispiel lässt sich der Unterschied von offenen Systemen (Steuerung) und geschlossenen Systemen (Regelung) studieren. Grundsätze des Systemdenkens werden erkannt.
Aber auch in vielen anderen Bereichen schulischer Lehr- und Lernaktivitäten finden sich Ansätze mit Systemcharakter: Ein strukturierter Aufsatz im Deutschunterricht oder eine umfangreiche Kurvendiskussion im Mathematikkurs benötigt eine Vielzahl von organisierten Teilschritten, die gegenseitige Abhängigkeiten beinhalten und nur in ihrer Gesamtheit zum Erreichen des Zieles führen.
Wichtig ist jedoch, dass dem Lernenden diese Systemmerkmale und die daraus abzuleitenden Anforderungen bewusst gemacht werden. Er muss mit der Nase darauf gestoßen werden. Hierin besteht demnach eine sehr wesentliche Aufgabe für Schule und Lehrer.
Ein Gedanke zu „Nachhilfe Ausbildung : Systemdenken im Schulunterricht“