Seit der Bund 2011 das sogenannte „Bildungs- und Teilhabepaket“ auflegte, ist einige Zeit ins Land gegangen und es kann mal bilanziert werden. Das sogenante „BuT“ stellt aus Bundesmitteln den einzelnen Bundesländern Steuergelder zur Verfügung, um damit Kinder aus einkommensschwachen Familien gesellschaftliche Teilhabe an Bildung zu ermöglichen: Es gibt Bundeszuschüsse bis hin zur vollen Kostenübernahme für zum Beispiel Schulmaterialien, Ausflüge, Klassenreisen, Sportvereine, Mittagessen und eben auch Nachhilfe, im Bundesgesetz „Lernförderung“ genannt.
Während die meisten Bundesländer die Leistungen aus dem „Bildungspaket“ der Bundesregierung auf individuellen Antrag gewähren und damit direkt den Bedürftigen zur Verfügung stellte, ging Hamburg einen anderen Weg: Es nahm die Mittel (für Lernförderung) des Bundes – die eigentlich für eine individuelle (!) Förderung bedürftiger Schülerinnen und Schüler vorgesehen waren – legte städtisches Steuergeld hinzu und verteilte den Gesamtbetrag nach einem „Gießkannenprinzip“ auf die einzelnen Schulen, damit diese dann in Eigenregie Gruppen-Förderkurse organisieren.
Für eben alle schlechten Schülerinnen und Schüler. Nicht nur für bedürftige Schüler und Familien nach SGB.
Wurden von der BSB Hamburg in 2011 8000 Hamburger Schüler für € 5,5 Mio über das Bildungspaket mit „kostenloser Nachhilfe“ (Besser: Gruppenbespaßung) versorgt, wurden in 2012 schon € 7,8 Millionen Steuergelder ausgegeben (davon € 3,3 Mio. aus dem Bildungspaket) und für knapp 20.000 Hamburger Schüler aufgewendet.
Mittlerweile sind wir bei von der Schulbehörde kolportierten Aufwendungen aus Steuermitteln von € 11 Mio. für 23.000 Schüler in Hamburg. Mit signifikant steigender Tendenz.
Außerdem erscheinen die von der BSB veröffentlichten Kosten nicht schlüssig. Der „NDR“ ermittelte für Hamburg für 2013 total € 34,7 Mio. Ausgaben aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Das entspricht einer Unterdeckung von € 8,2 Mio., die die Hansestadt Hamburg jetzt beim Bund „nachbetteln“ muss. Von wegen ausgeglichener Haushalt und so… 😉
Interessant aus ökonomischer Sicht zu beobachten wäre der Controlling-Aspekt: Die Ausgaben pro Kopf / Schüler steigen offenbar signifikant (Ist das Betreuungspersonal der „Kostenlosen Nachhilfe“ an Hamburger Schulen so viel besser geworden? Und die „Erfolgsquote“ so hoch?)
Wobei wir beim nächsten Aspekt der „kostenlosen“ Nachhilfe wären, der Effektivität der aus Steuermitteln bezahlten Maßnahme. Wenn Steuergelder investiert werden, muss diese Frage von den Steuerzahlern logischerweise gestellt werden.
Die BSB gibt selber eine „Förder-Erfolgsquote“ von 47,3% an. Diese Erfolgsquote ist mit Vorsicht zu genießen, denn sie gibt an, dass bei unter der Hälfte (!) der Schüler, die mit der Note „G5“ in den Genuss der steuerlichen Förderung gelangt sind, die „G5“ „weggebogen“ werden konnte. Nicht mehr, nicht weniger…
Eine Nachhilfe-Erfolgsquote misst logischerweise Notensteigerung im Anmeldezeitraum. Bei den Hamburger Schülern, die in den „Genuss“ der Gruppenförderung kamen, liegt die Notenverbesserung von vorher „5“ auf nachher „4“ bei unter 50%…
Die Details zur „kostenlosen Nachhilfe“ in Hamburg hier.
Zum Vergleich mal die Erfolgsquoten der ABACUS Nachhilfe Hamburg, die wir kontinuierlich seit 19 Jahren (!) erheben und uns durch dritte Institutionen bestätigen lassen: Qualitätssicherung. Die Note „5“ kommt bei unseren Nachhilfe-Schülern nach Beginn der Nachhilfe praktisch gar nicht mehr vor…
Der Kostenaspekt:
Waren noch 2011 pro Schulstunde Gruppenförderung € 15,97 von der Stadt aufzuwenden, sind es nunmehr bis zu € 22,– je Schulstunde, die die BSB Hamburg aus Steuermitteln für die Gruppenförderung aufwendet. Steuergelder, von denen zum großen Teil „freie Honorarkräfte“ und andere gewerbliche Anbieter profitieren. Das Bundes-BuT-Paket sieht gerade mal kalkulatorische € 8,– je Schulstunde für Hamburg vor…
Die Förderung wird natürlich nur den Schülern gewährt, die bereits auf einer „5“ stehen. Präzise: Mit einer „G5“ an der weiterführenden Schule bewertet werden (vgl. S. 7). Das entspricht einer Hauptschul-5, einer Realschul-6 und einer Gymnasial-Note 7, wenn es die denn geben würde. Also erst dann Förderung, wenn „die Katze schon in den Brunnen gefallen ist“.
Das hat so ein bisschen den Charakter des engagierten Tierschützers, der mit dem halben Grillhähnchen zum Tierarzt rennt und fragt, ob hier noch etwas zu retten sei…
Der pädagogische Aspekt:
Die Förderung findet klassenübergreifend in Lerngruppen statt: Jeder teilnehmende Schüler hat natürlich individuell andere Defizite.
In den Fördergruppen ballen sich zwangsläufig sogenannte LSE-Schüler, die durch den besonderen sonderpädagogischen Förderbedarf eigentlich eher einen lerntherapeutischen Ansatz einer Förderung bedürfen.
Die Fördergruppen an den Schulen können häufig nicht gezielt auf individuelle Lernprobleme der einzelnen Schüler eingehen. Sie mutieren zu „Hausaufgabenbetreuungsgruppen“, zu „Klassenarbeitsnachschreibstunden“ oder schlicht zu „Fachergänzungsstunden“, was natürlich wenig geeignet ist, gezielt Lern- und Wissensdefizite bei einzelnen Schülern konstruktiv nach- und aufzuarbeiten.
Die Qualität des eingesetzten Betreuungspersonals wollen wir hier nicht detailliert erläutern…
Der soziologische Aspekt:
Die Nachhilfe-Förderung nach dem Bildungspaket ist für bedürftige Schüler vorgesehen, nicht für alle. Durch die Umwidmung der Mittel profitieren in Hamburg nicht gezielt die wirklich bedürftigen Familien.
Den „Bedarfsgemeinschaften“, also den einkommensschwachen Familien, deren Kinder auf staatliche Beihilfe in der Lernförderung angewiesen sind, wird die individuelle Entscheidung am freien Markt aus der Hand genommen und die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder schulinterne Gruppenförderung oder gar keine Nachhilfe-Unterstützung.
Das riecht ein „wenig“ nach Bevormundung und wie die Verteilung von Lebensmittelkarten der Besatzer nach dem Krieg, hat aber wenig gemein mit gleichberechtigter, gesellschaftlicher Teilhabe, nach dessen Vorgabe das Förder-Paket einst aufgelegt wurde. Die Hartz-IV Familien werden in der Nachhilfe-Entscheidung schlicht „entmündigt“.
Der Qualitätsaspekt:
Da sprechen die Erfolgsquoten wohl eine deutliche Sprache…
Außerdem hat die Bundesregierung bereits mit Herausgabe der BuT-Mittel zeitgleich eine wissenschaftliche Evaluierung angestoßen. Die sind schlau, und stellen herausgegebene Steuergelder einer Effektivitätsüberprüfung gegenüber, für das Förderpaket in Hamburg ist diese wissenschaftliche Überprüfung erst für das nächste Jahr angekündigt. 😉
Die der Bundesregierung nennt sich SPASS. Die Ergebnisse nach drei Jahren Evaluation sprechen eher für die Einstellung der BuT-Förderung, da trotz viel investierten Nachhilfe-Förder-Steuergeldern die Maßnahmen – besser unser aller Steuergelder – verrauchen, weil Bildung von Kindern eben schlicht Eltern-Erziehungabhängig ist:
„Auch zeigt sich, dass die Teilnahme an Aktivitäten nicht vorrangig eine Frage des Geldes ist. Maßgeblich entscheiden familiäre Einflüsse über Art und Ausmaß der sozialen und kulturellen Teilhabe, die nicht allein vom Bildungspaket ausgeglichen werden können. Die Ergebnisse deuten eher darauf hin, dass Bildungsstand und „Bildungskapital“ der Eltern Auswirkungen auf das Interesse und die praktische Teilhabe an Bildungs- und Freizeitangeboten haben.“
Ist wohl die Frage, wie das mit Ganztagsschulen und Fremdbetreuung der eigenen Kinder in einer Bildungsgesellschaft dann zusammenpasst…
Den kompletten Evaluationsbericht Bildung und Teilhabe der Bundesregierung gibt’s hier.
Quod erat demonstrandum. So eingesetzt, hilft die Förderung der Stadt vielleicht, die Abschlussnoten und die Abschlussquoten der Schüler nach oben zu pushen. Aber auch zu mehr Bildung im Interesse der Schüler? Das muss wohl hinterfragt werden.
Für wirklich bildungsinteressierte Eltern und Schüler bieten wir professionelle und vor allem wirksame, erfolgreiche und nachhaltige Nachhilfe Hamburg an.
Ein Gedanke zu „„Kostenlose Nachhilfe“ an Hamburger Schulen sinnvoll?“