Musik und Naturwissenschaften sind Zwei sich nahe stehende Disziplinen: Im Schulalltag konkurrieren die Fachdisziplinen „Sprachen“, „Musische Fächer“ und „Naturwissenschaften“ in der Regel recht heftig um die Gunst der Schüler. Nicht selten sind die Oberstufenzweige der allgemeinbildenden Schulen nach diesen Fachdisziplinen strukturiert. Ferner gibt es spezielle Schulen, deren Lehr– und Lernschwerpunkt ausschließlich einer dieser Fachdisziplinen gewidmet ist. Dabei wird häufig die Meinung vertreten, dass die Neigung und Begabung für Sprachen oder für Musik / Bildende Kunst im Gegensatz zu den Fähigkeiten und Veranlagungen stehen, die das Erlernen und Anwenden von naturwissenschaftlichen Fächern – und in dieser Reihe vor allem der Mathematik – stehen.
Wenn man davon ausgeht, dass das Lehr- und Lernprogramm der allgemein bildenden Schulen eine breite Basis für die Weiterbildung und Bildung über die Schulzeit hinaus bieten soll und muss, dann ist diese Spartentrennung nicht sinnvoll und wenig zweckdienlich. Dabei hilft es uns heute wenig, dass im Mittelalter Musik, Arithmetik und Geometrie zu den Sieben Freien Künsten (Artes Liberales) zählten.
Allerdings ist es in diesem Zusammenhang erwähnenswert, wie nahe Musik und Naturwissenschaften – also Physik und Mathematik – beieinander stehen. Diese Tatsache gilt für die wesentlichen Teilbereiche oder Elemente der Musik, also für die Klangerzeugung / Tonbildung, die Melodie, die Harmonie und schließlich den Rhythmus gleichermaßen. Nehmen wir zum Beispiel die Tonerzeugung:
Die Saite einer Geige oder einer Bratsche besteht aus einem elastischen Werkstoff – Metall oder Metall ummantelter Darm – und hat eine definierte Länge und Vorspannung zwischen den Auflagepunkten.
Damit bildet sie ein schwingungsfähiges System, das durch eine Differentialgleichung beschreibbar ist. Wird sie von einem Bogen angestrichen oder mit dem Finger gezupft, so führt sie eine freie Schwingung mit ihrer Eigenfrequenz aus, also bei der a-Saite der Geige – um ein markantes Beispiel heraus zugreifen – 440 Schwingungen pro Sekunde (440 Hz).
Dem griechischen Mathematiker und Naturwissenschaftler Pythagoras verdanken wir nicht nur seinen berühmten Satz über die Seitenlängen im rechtwinkligen Dreieck. In Übertragung seiner mathematischen Erkenntnisse hat er mit seiner pythagoreischen Tonskala die Basis für die Intervall- und damit für die Harmonielehre gelegt.
Aus seinen Überlegungen und Versuchen resultierte, dass durch Halbieren der Saite ein Ton mit doppelter Frequenz entsteht, der zum Grundton harmonisch ist. Man nennt ihn die Oktave. Er teilte die Saite in ihrer ursprünglichen Länge in weitere Teilabschnitte auf und entdeckte so weitere Tonintervalle:
Bei einer freien Länge der schwingenden Saite von 2/3 der Gesamtlänge entsteht der Fünftonschritt, die Quinte, beträgt das Teilungsverhältnis 3/4, so entsteht der Viertonschritt, die Quarte.
Diese Intervalle sind wesentliche Bestandteile der Harmonielehre. Durch weitere Unterteilung der ursprünglichen Saitenlänge wurden die noch fehlenden Tonschritte der pythagoreischen Tonskala (der Tonleiter) gefunden. Hier sei nur beiläufig erwähnt, dass auch die im Zusammenhang mit den Strahlensätzen behandelte sogenannte Harmonische Teilung einer Strecke (hier Saite) zu Tonintervallen bezogen auf den Grundton der Gesamtsaite führt, nämlich der Terz und ebenfalls der Quinte.
Melodien entstehen im Wesentlichen durch entsprechende Wahl der relativen Höhe und Länge der Töne zu einander. Zu den Abständen der Töne unter einander und zum Grundton, also den Tonintervallen, wurde bereits einiges gesagt. Die Tonlänge ist unter anderem bestimmend für den Rhythmus, der wiederum etwas mit dem Takt zu tun hat. Hier haben wir es mit „klingender“ Bruchrechnung zu tun. Die Taktangaben bei einem Musikstück geben an, in wie viele Taktschwerpunkte ein Gesamttakt einzuteilen ist, zum Beispiel beim Walzer in drei Viertelabschnitte.
Aber es gibt auch viele vertracktere Taktarten, bei denen die Ausführenden je nach Stand ihres Könnens emsig zählen müssen, um im Takt zu bleiben. Entsprechend den rhythmischen Anforderungen sind auch die Notenwerte in Bruchteile der so genannten Ganzen Note „gequantelt“: Es gibt bekanntermaßen neben den langen Notenwerten auch 1/16, 1/32 und gegebenenfalls noch kürzere Notenwerte.
Die Möglichkeiten des vorliegenden Beitrages lassen es nicht zu, die Nähe von Musik einerseits und Physik und Mathematik andererseits auch nur halbwegs erschöpfend zu behandeln. Das Ziel war, die Musik als ein „Vehikel“ dafür zu verwenden, den Nutzen und Segen von mathematisch / naturwissenschaftlichen Grundkenntnissen im Sinne einer ganzheitlich orientierten Ausbildung und Bildung auch unabhängig von bestimmten Berufsprofilen heraus zu stellen.
Kürzlich berichtete mir eine Schülerin, dass im Rahmen ihrer Schulausbildung die Bemerkung gefallen sei, Mathe bräuchte man doch nur, wenn man Quantenphysiker werden wollte. Diese Art der Motivation von manchen Lehrern geht in die falsche Richtung. Vielleicht habe ich das deutlich machen können.
(Wer mehr über den Zusammenhang Von Mathematik, Physik und Musik wissen möchte: „Mathematik in der Welt der Töne“, Christian Hartfeldt, Dr. Wolfram Eid und Prof. Dr. Herbert Henning, Magdeburg 10. Oktober 2002)
2 Gedanken zu „Kombi Nachhilfe in Musik und Mathe?“