IQB Ländervergleichsstudie Primarbereich 2011

Das IQB (Institut für Qualitätsmanagement) hat heute die Ergebnisse des Grundschul-Ländervergleiches offiziell vorgestellt. Im Auftrag der Kultusministerkonferenz (KMK) überwacht das IQB die Einhaltung der bundesweit geltenden schulischen Bildungsstandards unter anderem mit entsprechenden Tests. Letztes Mal waren in der bundesweiten IQB-Vergleichsstudie Deutsch, Englisch und Französisch in den 9. Klassenstufen „dran“, diesmal hat es die Grundschüler der 4. Klassen „erwischt“… Im Herbst 2013 werden übrigens die Ergebnisse der dieses Jahr erhobenen IQB-Vergleichsstudie 2012 in Mathematik und den anderen MINT-Fächern der Öffentlichkeit vorgestellt. Hoffentlich waren alle befragten Hamburger Schüler auf dem MINT-Tag ;-).

Welche Erkenntnisse hat die Grundschul-Vergleichsstudie 2011 des IQB zu bieten?

Bei 27.081 Schülern der 4. Klassen aus bundesweit 1.300 Grund- und Förderschulen wurden Kompetenzbereiche in Deutsch (Lesen, Zuhören, Mit Texten und Medien umgehen) und Mathematik („Zahlen und Operationen“, „Raum und Form“, „Muster und Strukturen“, „Größen und Messen“ sowie „Daten, Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit“) getestet.

Ergebnisse wie immer bei allen Schulvergleichsstudien in Deutschland:

Die Südländer der Bundesrepublik mit ihren rigiden und selektiven Schulsystemen liegen vorne, der Norden hinten: Hamburg, Berlin und Bremen haben die rote Laterne: Die Abstände zwischen den Schülern in Nord und Süd betragen in den Kompetenz-Spitzen fast ein ganzes Schuljahr, in Hamburg, Berlin und Bremen verfehlen zudem bis zu 15% der Schüler die gesetzten Mindeststandards.

Die bundesweite Studie zeigt auch:

Je geringer der soziale Status der Eltern, je geringer ist die (schulische) Bildung (= Kompetenzrang) der Kinder. Nur Sachsen bildet hier eine rühmliche Ausnahme, wo dieser Zusammenhang augenscheinlich nicht so deutlich zum Tragen kommt.

Ebenso spielen zuwanderungsbezogene Disparitäten eine deutliche Rolle bei der Schulleistung von Grundschülern:

Schüler, bei denen beide Elternteile in Deutschland geboren sind, liegen zum Beispiel im Kompetenzbereich „Lesen“ 14 Punkte über dem Bundesdurchschnitt, bei beiden im Ausland geborenen Elternteilen bundesweit 40 Punkte unter dem Mittelwert… In Berlin, Hamburg und Bremen beträgt dieser Unterschied gar 68-70 Punkte: Im Bereich „Zuhören und verstehen“ ist der Unterschied in Hamburg bei Schülern mit Eltern mit Zuwanderungshintergrund bei -93 Punkten, übertroffen von Berlin mit -96 Punkten.

Die IQB-Vergleichsstudie splittet die Schulleistungen auch zwischen den Eltern-Herkunftsgruppen Türkei, ehemals Jugoslawien, ehemals UdSSR und Polen auf. In der Zusammenfassung der IQB-Studie sind die Ergebnisse ab S. 17 nachzulesen… Viert-Klässler mit türkischem Zuwanderungshintergrund liegen in den Fächern Mathe und Deutsch in der Spitze bei -110 Punkten…

Ein weiteres Ergebnis der Vergleichsstudie:

17% der Grundschullehrer bundesweit unterrichten Deutsch, obwohl sie dieses Fach nicht studiert haben, 27% der Grundschullehrer haben für Mathematik keine nachgewiesene akademische Befähigung. Das ist zwar für Bildungsexperten nicht überraschend („Allgemeine Lehrbefähigung“), dass Lehrer unterrichtsfachfremd unterrichten – welcher Grundschullehrer hat denn schon Englisch studiert – es schlägt sich aber dann offensichtlich doch in den erreichten Schulleistungen der Kinder schon ab der Grundschule nieder: Im Fach Deutsch zwar mit nur 7 Punkten, im Fach Mathematik macht der Kompetenzunterschied der Pädagogen aber schon 18 Punkte aus.

In Hamburg ist der fachfremde Unterricht an Grundschulen laut Studie besonders weit verbreitet, „…wo etwa 34 Prozent der Deutschlehrkräfte und 48 Prozent der Mathematiklehrkräfte unterrichten, ohne im jeweiligen Fach ein Studium absolviert zu haben.“ (vgl. S. 20 der Zusammenfassung). Somit ist es auch kein Wunder, dass der Nachhilfe-Bedarf gerade für die Grundschule in Hamburg ansteigt…

Die Daten für Hamburgs Viertklässler finden sich ab S. 147, interessant u.a.:

  • 79 Prozent aller Viertklässler mit sonderpädagogischem Förderbedarf wurden 2011 an Regel-Grundschulen unterrichtet, wovon allerdings davon nur 36% zieldifferenziert gefördert werden konnten.
  • 18% der Hamburger Primarschüler (Viertklässler) verfehlten die Mindeststandards (Mindestunterrichtsanforderungen).
  • Nur 59 Prozent der Hamburger Schüler erreichten die KMK-Regelstandards oder höher im Kompetenzbereich „Lesen“
  • Im Bereich Mathematik erreichten oder übertrafen nur 56% der Viertklässer Hamburgs die KMK-Regelstandards
  • In Hamburg haben mittlerweile 43,8% der Viert-Klässler einen familiären (Im-)Migrationshintergrund, in Berlin „nur“ 35,6% der Schüler (S. 213 der Studie).

Zur Orthografie gibt die Studie leider keine Bundesland-spezifischen Ergebnisse preis, was besonders für Hamburg, wo die Bewertung der Rechtschreibung in der Grundschule abgeschafft wurde, sicher mal interessant gewesen wäre 😉

Ebenfalls wird durch die Vergleichsstudie zudem ein altes Vorurteil bestätigt: Die Mädels können besser lesen und schreiben, Jungs dagegen generell besser rechnen.

Welche Maßnahmen könnten von der Politik getroffen werden? Der Nachhilfe News Blog versucht mal – satirisch / ketzerisch – einige Ansätze für Bildungspolitiker zu formulieren:

  • die Verkehrssprache in KiTa’s und Schulen ist nur die jeweilige Landessprache (Ja, auch schwäbisch oder sächsisch wären erlaubt ;-))
  • verpflichtende Sprachfrühförderung in Deutsch schon an KiTa’s für Kinder mit Bedarfen
  • bundeseinheitliche Sprach-Eingangstests nach den IQB-Regelstandards vor Einschulung für jeden Schüler
  • verpflichtender KiTa-Besuch für Kinder aus Risikofamilien gemäß der Studie
  • verpflichtender Besuch einer gebundenen Ganztagsschule für Schüler mit Leistungen im Fach Deutsch unterhalb der Kompetenzstufe III
  • Betreuungsgeld („Herdprämie“) nur für Familien bildungsnaher Schichten ohne vergleichsstudiensignifikanten Migrationshintergrund 🙂
  • Klassen müssen von Schülern solange wiederholt werden, bis die Lernfeld-Anforderungen der jeweiligen Klassenstufe erreicht werden. Auch wenn das sogenannte „Sitzenbleiben“ angeblich € 5000,- je Schüler kostet, der „nahtlose Übergang vom Kindergeld zu Hartz-IV“ ist bestimmt teurer für die staatliche Gemeinschaft und auch eine hohe Abiturquote von 50% hilft wohl im globalen Wettbewerb nicht wirklich weiter, denn diese ist wohl in erster Linie eine bildungspolitische, keine wissenskohärente Quote 😉

Der reine Jurist sieht in dem einen oder anderen Gedanken womöglich einen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, ebenso berücksichtigt natürlich keiner der obigen Gedankenpunkte die Rolle der Erziehungsberechtigten nach Artikel 6 GG. Der Erziehungsauftrag ist natürlich immer auch ein Bildungsauftrag. Rechte und Pflichten zwischen Eltern und der Staatlichen Gemeinschaft (Art. 7 GG) sind nunmal eng miteinander verwoben… Wenn die Frage nach Verantwortlichkeiten gestellt werden würde, könnten sich wohl alle in Artikel 6 und 7 GG genannten Parteien an die Nase fassen 😉

Und bis dahin helfen wir hier gerne mit unserer speziellen Nachhilfe für die Grundschule in Hamburg weiter 😉

Komplette Studie und Ergebnisse hier: http://www.iqb.hu-berlin.de/institut/news?pg=n009

Veröffentlicht von

Dr. Kai Pöhlmann

Dr. Kai Pöhlmann ist Inhaber der ABACUS Nachhilfe Institute Hamburg und Kreis Pinneberg und Gründer des ersten ABACUS-Nachhilfeinstitutes nördlich der Isar. Google+

2 Gedanken zu „IQB Ländervergleichsstudie Primarbereich 2011“

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