Wie die Größen mit ihren Einheiten zusammenhängen und welche Kopfschmerzen sie immer wieder bereiten. Aus gegebenen Anlass möchte ich daher erneut auf das Thema der Einheiten und des Umganges mit ihnen zurückkommen. Das heißt bei dem ABACUS Nachhilfelehrer in MINT-Fächern im Zusammenhang mit der lebendigen Praxis des Unterrichtes:
Wann immer eine Aufgabenstellung im Zusammenhang mit der Handhabung von Einheiten über unsere „gequälten“ Schülerinnen und Schüler herein bricht, führt dieser „Schicksalsschlag“ zu einem mehr oder weniger verzweifelten Aufschrei. Diese Reaktion ist sowohl im Bereich der Sekundarstufe als auch noch der Oberstufe anzutreffen.
Vor dem Hintergrund, dass die Taschenrechner mit ihrer ständig wachsenden „Kompetenz“ eine immer dominantere Rolle im mathematischen Schulalltag spielen, ist es sehr zu begrüßen, dass Klassenarbeiten / Klausuren immer häufiger in zwei Teilabschnitte gegliedert sind. Im ersten Teil sind Hilfsmittel jeder Art nicht zugelassen, und es ist durchaus gängige Praxis, dass Aufgaben zum Thema „Umgang mit Einheiten“ in diesem Teil auftauchen. Ich kann mich lebhaft an eine Klausur erinnern, deren Hauptteil irgendeinem gängigen Sekundarstufengebiet gewidmet war.
Weitgehend unerwartet wurden im ersten Teil – „Oh Graus!“ – Einheiten-Umformungen verlangt. Dieses Thema beinhaltet bekanntlich zwei Arten von Herausforderungen an unsere Lernenden. Da wird einerseits das Rechnen mit physikalischen Größen verlangt, die sowohl aus einer Zahl als auch aus einer Einheit bestehen. Welche Regeln hierbei zu beachten sind, habe ich bereits in einem früheren Beitrag dargestellt.
Mindestens so große Kopfschmerzen bereitet Schülern häufig leider die Umrechnung von Einheiten. Dabei ist die Ausgangssituation prinzipiell sehr klar: In der EU und damit natürlich auch in Deutschland ist das Internationale Einheitensystem – abgekürzt SI (Système internationald`unités) verbindlich, worauf ich auch schon an anderer Stelle bereits hingewiesen habe. Durch das Einheiten- und Zeitgesetz, das im Jahre 1970 in Kraft trat, wurde der Gebrauch des SI im amtlichen und geschäftlichen Bereich gesetzlich vorgeschrieben.
Das SI enthält sieben Basiseinheiten, deren wichtigste – auch für den Schulgebrauch – die folgenden sind:
– Für die Länge l das Meter, Einheitenzeichen m
– Für die Masse m das Kilogramm, Einheitenzeichen kg
– Für die Zeit t die Sekunde, Einheitenzeichen s
– Für die elektrische Stromstärke I das Ampere, Einheitenzeichen A
Das SI ist ein metrisches System, und es wird ausschließlich dezimal gehandhabt: die Einheiten werden nur mit ganzzahligen Zehnerpotenzen (Positiv bzw. negativ) versehen. (siehe WIKIPEDIA „Internationales Einheitensystem„).
Die hiermit kohärente Einheit für die Größe einer Fläche ist der Quadratmeter m², für das Volumen der Kubikmeter m³.
Diese aus meiner Sicht recht klare Situation wird dadurch beeinträchtigt, dass – mit Rücksicht auf bestimmte Gruppierungen und Interessenbereiche in unserer Gesellschaft – noch Einheiten in Gebrauch sind, die nicht im Einklang mit der vorerwähnten Gesetzeslage sind.
So wird im Agrarbereich die Größe eines Landbesitzes üblicherweise in Hektar (1ha= 10000 m²) statt in km² angegeben, die Getränkeindustrie und auch die Verbraucherseite versteht Flaschen- und Fassinhalte offenbar besser in Litern (1l = 1000 cm³) als in Kubikzentimetern (cm³), der Händler auf dem Markt und die einkaufenden Marktbesucher können sich nicht von dem gewohnten Pfund (0,5 kg = 500 g) lösen.
Und da das so ist, wird den Schülerinnen und Schülern im Unterricht und tückischer Weise auch in Klausuren abverlangt, dass sie einerseits mit SI-Einheiten rechnen und innerhalb dieses Systems auch die erforderlichen Umrechnungen leisten können. Das ist zwingend notwendig und gehört zur Wissens- und damit zur Allgemeinbildungskompetenz im Bereich Sekundarstufe / Oberstufe.
Zum anderen gehören zum Lehr- und Lernpensum aber weiterhin Umrechnungen von Nicht-SI-Einheiten in SI-Einheiten und umgekehrt. Man kann sich nun trefflich streiten, ob diese Übung immer noch sinnvoll und zeitgemäß ist. Eines ist jedoch wohl sehr deutlich: an der Einheit Liter und den entsprechende Einheiten im SI- Bereich kommen wir sicher nicht vorbei. Obwohl in jeder Küche Messbecher verwendet werden, bei denen direkt neben der Literskala die entsprechende SI-Skala in cm³ angeordnet ist, bringt die Frage nach diesem Zusammenhang Schüler und Schülerinnen praktisch jeder Ausbildungsstufe recht häufig in Ratlosigkeit.
Wie dem auch sei: Die Einheit Liter ist im täglichen Gebrauch und bei der Untersuchung des jährlichen Konsums unserer Bevölkerung von Milch oder Alkohol sicher nützlich und führt zu Ergebnissen mit Maßzahlen, die unserer Vorstellung entsprechen.
Bei der Frage, wie groß zum Beispiel die Wassermenge im großen Schwimmbecken des Pinneberger Hallenbades ist, kommen wir in der „Welt der Einheit Liter“ sicher an unsere Vorstellungsgrenzen. Das Schwimmbecken hat mit seiner Länge von 5o m und mit seiner Breite von 16,66 m eine Oberfläche von 833 m².
Die Tiefe variiert auf der Hälfte der Länge zwischen 4 und 2,5 m, in der anderen Hälfte ist sie verstellbar zwischen 0,6 und 1,20 m. Rechnen wir vereinfachend mit einer mittleren Tiefe von 1.80 m, so repräsentiert des Schwimmbecken ein Wasservolumen von ca. 1500 m³.
Da 1m³ = 10 hoch 6 cm³ und 1 l = 10³cm³ ist, fasst das Schwimmbecken also etwa 1,5 Millionen Liter Wasser.
Das Wasservolumen des nahe gelegenen Krupundersees in Halstenbek ist – so kann man es bei WIKIPEDIA nachlesen – ca. 200-mal so groß. Obwohl ich mit der Menge der hieraus resultierenden Wassermenge in Litern wenig anfangen kann, habe ich doch ein schönes Beispiel für eine Einheitenumrechnung, wie sie unvermittelt über unsere Lernenden hereinbrechen kann, geliefert. Vielleicht habe ich mich ja verrechnet, überprüft es doch bitte!
Abschließend möchte ich noch auf eine sehr praktische Handhabung von Einheiten zu sprechen kommen, wie sie bei der Berechnung von Systemen – und hier bevorzugt bei Systemsimulationen – angewendet wird. Diese Handhabung von Einheiten in einem geschlossenen System ist als das Rechnen im per–unit–System (pu-System) bekannt.
Will man beispielsweise das Regelverhalten eines elektrischen Schiffsantriebes mit Hilfe einer Rechnersimulation optimieren, so bezieht man alle Größen, die in den Gleichungen des mathematischen Modelles enthalten sind, auf die Nenn- / Auslegungsgrößen des Systems: So wird im gewählten Beispiel die Leistung des Fahrmotors auf die Nennleistung – pm = Pm/Pnenn -, der Motorstrom auf den Nennstrom – im = Im/Inenn – oder das Motordrehmoment auf das Nennmoment – mm = Mm/Mnenn – bezogen. Wie zu ersehen werden dann alle Systemgrößen mit den entsprechenden kleinen Buchstaben geschrieben, sie haben die Einheit 1.
Auf diese Weise ist man für den weiteren Verlauf der meist sehr umfangreichen Berechnungen den Ballast der Einheiten los. Ein weiterer großer Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Ergebnisse der Rechnung wegen des naturgemäß eingeschränkten Wertevorrates sehr leicht zu überschauen und zu interpretieren sind. Gelten die Berechnungen etwa einem Betriebsbereich des Systems, in dem Belastungen bis zur doppelten Höhe der Nenngrößen vorkommen, dann liegt besagter Wertbereich typisch in den Grenzen -2 bis +2. Will man schließlich am Ende der Untersuchungen – zum Beispiel zum Zwecke der Dokumentation – Rechenergebnisse mit ihren Einheiten angeben, so müssen die ermittelten Maßzahlen mit dem jeweils zugehörigen Bezugs- / Nennwert multipliziert werden.
Soweit mir bekannt, wird das Rechnen im pu-System im Rahmen des Oberstufenprogrammes an unseren Schulen nicht behandelt. Die Schülerinnen und Schüler werden das aktuell nicht vermissen, gibt es doch noch eine Vielzahl weiterer Themen, auf die man auch nach erfolgreichem Oberstufenabschluss noch gespannt sein darf. Nur Mut!
Mir gefällt der Ansatz auch sehr gut, dass Taschenrechner in Prüfungen zum einen erlaubt sind zum anderen auch nicht. Denn im Alltag sind Smartphones und andere digitale Medien ein ständiger Begleiter und quasi selbstverständlich. Trotzdem sollte dem Schüler das nachdenken nicht komplett abgenommen werden.
Spätestens wenn der Schüler an einer Universität studiert und gelegentlich ein Vorlesung besucht, die Mathe enthält, dann wird er schnell feststellen dass Kopfrechnen nicht nur schneller sein kann, sondern Taschenrechner oft gar nicht erlaubt sind.