in wenigen Tagen ist es in Hamburg und dem Kreis Pinneberg wieder soweit: Die Halbjahreszeugnisse werden verteilt und geben durch Texte und Notenvergabe Aufschluss über den Leistungsstand unserer Pennäler.
Diese Bewertungsbögen glänzen leider nicht immer durch eine gebotenen und angemessene Klarheit für das Auge des Adressaten, denn bei Zeugnisausgestaltungen scheinen einer – im Interesse des Kindes sicher wohlmeinenden – pädagogischen Kreativität der Aussteller kaum Grenzen gesetzt:
Wortreiche, euphemistische Berichtszeugnisse über mehrere Seiten strotzen vor Redundanzen und freundlichsten Leistungsumschreibungen und vermeiden gelegentlich – scheinbar im Interesse des Schülers – klare Bewertungsaussagen, welche sich dann allenfalls dem akribischen Analytiker mit akademischem Bildungshintergrund noch gerade in unscharfen und wenig prägnanten Halbsätzen erkennen lassen.
Diese Art der Leistungsnachweise stehen „in Wettbewerb“ zu tabellarischen Zeugnismodellen, welche nach anglo-amerikanischem Vorbild Schulleistungen innerhalb eines einzigen Faches nach 16 oder mehr Kriterien listen und diese dann in Spalten von zum Beispiel „Sicher“ bis „unsicher“ oder mit Punkten skalieren. Leider ohne die entsprechende Staffelung / Gewichtung oder Wertigkeit der Einzelkriterien, mit denen diese in eine zusammenfassende Endnote eingehen würden, welches Eltern und Schülern einen klaren Überblick über die Leistung in Mathematik, Deutsch oder Englisch erleichtern würde.
Selbst die Einzel-Bewertungspunkte bedürfen gelegentlich einer Zusatzerklärung, denn es können wohl nicht alle Erziehungsberechtigten und Schüler als Adressat Ihrer Zeugnisse ohne ergänzende Erklärung sofort erfassen, was sich hinter dem Kriterium „Texte Sinn gestaltend vorlesen“ verbirgt…
Manche Schulen fassen Leistungen nach Lernfeldern zusammen und „benoten“ die Abarbeitung dieser Lernfelder für den Schüler im Zeugnis an Hand von eingefärbten Kreisdiagrammen. Und die aus den Gesamtschulen noch bekannten „A“ und „B“ Noten (wobei in sinnreicher Weise das „B“ für die „besseren“ Gymnasialnoten stand und steht) feiern nach wie vor fröhliche Urständ‘. Da ist die an vielen Regional- und Gemeinschaftsschulen (in Hamburg Stadtteilschulen) übliche Einteilung nach den vier „E“ und sechs „G“-Noten scheinbar simpler. Oder doch nicht?
Eine „G2“ entspricht einer Hauptschul-Zwei, einer Realschul-Vier und einer Gymnasial-Fünf. Eine „G3“ ist eine Hauptschul-Note 3, eine Realschul-5 und eine Gynmasial-6. Alles klar? Nachzulesen im Anhang S. 38 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Schulen der Stadt Hamburg. Der guten Ordnung halber sei ergänzt, dass ein Hauptschulabschluss nun als „ESA“ (erster allgemeinbildender Schulabschluss) und der Realschulabschluss – vertrauter – als „MSA“ (mittlerer Schulabschluss) firmiert.
Zugegebenermaßen liest sich eine „G3“ als Note hinter dem Fach Deutsch oder Mathe für Schüler und Eltern „freundlicher“ als eine Note „5“.
Schüler und deren Eltern sind schon über Generationen auf die arabischen Ziffern als Schul-Bewertungsschema konditioniert. Daher geht der Fokus des geneigten Lesers doch wohl eher auf die arabische Ziffer, denn auf den vorangestellten Buchstaben. Eine Note 1 ist eben ein „sehr gut“ und eine Note 6 „ungenügend“. So kann es auch in genannter Prüfungsordnung auf Seite 8 im § 2 Leistungsbewertung noch aufgefunden werden.
Die Frage mag jedoch gestattet sein, ob die Arten der Leistungs- und euphemistischen Notenverklausulierungen wirklich in jedem Falle sachdienlich sind, auch gerade im Hinblick auf die vielen Schüler und Eltern, deren Haushalts- und Umgangssprache nicht primär Deutsch ist und denen sich so der Facettenreichtum der Schulzeugnisse im Großraum Hamburg vielleicht gar nicht in notwendiger Gänze erschließt…
Primär werden die Schulzeugnisse für die Schüler und deren Eltern ausgestellt. Eine bessere Ausrichtung von manchen ausgegebenen Schulzeugnissen an dem Grundsatz in § 109.2 GewO erscheint wohl wünschenswert: „Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein…“
Ein Gedanke zu „Schulzeugnisse. Klar und verständlich?“